
31 Mrz Résumé DGE Tagung Kiel – Gesunde Ernährung ein kaum bekanntes Phänomen
Als Ernährungswissenschaftler wird man ständig gefragt was Mann, Frau, Kind denn nun essen sollen bei dieser Produktvielfalt oder „Ach dann kennst du ja sicher auch das neue XYZ, was hältst du denn davon?“. Nach jahrelangem Training entgleist mir in solchen Situationen nicht mehr panikhaft die Gesichtsmotorik, weder versuche ich die (gefühlt ganze) Bevölkerung Deutschlands darüber aufzuklären, dass Ernährungswissenschaftler und Ernährungsberater keine Synonyme sind. Auch wenn bei letzterem Punkt eine leichte Pulserhöhung noch immer nicht auszuschließen ist.
Die Spezies des Ernährungswissenschaftlers forscht im Allgemeinen, sie gehören also neben Biochemiker, Biologen und Lebensmittelchemikern ebenso zu den Laborkittelträgern. In seltenen Fällen legen diese Spezies das Laboroutfit freiwillig ab um sich vorzeigbar zu präsentieren. Besagte Fälle stellen Kongresse dar. Je nachdem wie stark die soziale Kompetenz ausgeprägt ist, freut sich der eine mehr der andere weniger, solche Kongresse zu besuchen. Desweiteren beeinflussen mehrere Faktoren die entsprechende Geisteshaltung: eigener Vortrag, eigene Posterpräsentation, Jobsuche, Kooperationspartner finden, Merchandise (Kugelschreiber, USB-Sticks, Haftnotizen, Süßkram etc.) mitnehmen oder den ganzen Tag verpflegt werden; Korrelationen von negativ bis positiv in genannter Reihenfolge.
Trotzdem ist der allgemeine Nutzen, Vernetzung, Tapetenwechsel, Ablenkung von frustrierenden Versuchsdaten nicht zu vernachlässigen. Und gerade bei so einem (noch) weltlichen Thema, wie die Ernährung findet sich immer etwas Interessantes. So bin ich vom 1.-3. März in Kiel zum 54. Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gefahren um mich auf den aktuellen Stand für 2017 zu bringen. Ein Novum in diesem Jahr, die Plenarvorträge wurden auf English gehalten, die einzelnen Sessions in Deutsch. Da ich meine Notizen in jeweiligen Vortragssprache anfertige erklärt sich hiermit auch die bilinguale Grätsche in den veröffentlichten Bildern. Zugegeben, man erfährt nur in Maßen NEUES auf diesem Kongress. Ernährung ist ein schönes und auch heikles Thema, berichtet man zu überschwänglich über neue Studienergebnisse läuft man Gefahr sich sofort zu Verzehrmengen und Vorgaben äußern zu müssen. Man möchte keinen neuen Trend auslösen, der sich womöglich als schädlich herausstellt. Vielleicht ist es daher umso wichtiger eben das Bekannte, das verifizierte Ernährungswissen in den Vordergrund zu stellen um ihm Daten und Ergebnisse hinzuzufügen. Denn ist es nicht verwunderlich, dass bei eben der eingangs genannten Produktvielfalt immer mehr Ernährungstrends aufkommen, immer mehr Ernährungsformen postuliert werden, das Gesundheitsbewusstsein und die Nachfrage auf dem Gebiet gesunde Ernährung steigt – Aber die Bevölkerung immer dicker wird?
Irgendetwas läuft da falsch, das bemerkt auch die DGE. Dabei gibt es doch genügend Informationen. Selbst von der DGE publiziert. Und die DGE ist nun auch nicht unbekannt. ABER trotzdem scheint das Bewusstsein für eine gesunde Ernährungsweise nicht über die Mauern der DGE zu schwappen. Einer Befragung zu Folge kennen viele die DGE, haben auch von den 10 Regeln zur gesunden Ernährung gehört, aber aufzählen kann sie kaum jemand.
- Lebensmittelvielfalt genießen
- Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln essen
- Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“
- Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen
- Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
- Zucker und Salz in Maßen
- Reichlich Flüssigkeit
- Schonend zubereiten
- Sich Zeit nehmen und genießen
- Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
Die weiteren Ausführungen und Erklärungen finden sich hier (https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/).
Leider musste auch ich mir eingestehen, dass ich nicht alle 10 Regeln sofort parat habe. Das Thema Ernährung ist allgegenwärtig. Wir glauben viel zu kennen aber wirklich wissen? Und irgendwo zwischen drin geht uns das ‚Gesund‘ vor der Ernährung verloren. Wir verfolgen in diesem Wahn gern ein paar Trends und dosieren dabei über. So ging auch in den letzten Tag wieder eine Meldung durch die Presse in dem die Verbraucher vor einem zu hohen und häufigen Verzehr von Fruchtsmoothies gewarnt wurden. Die pürierten Getränke sind so beliebt und als schneller Snack zwischendurch ‚ideal‘, nur enthalten sie viel Fruchtzucker. Und eben dies scheint immer mehr in einer Überdosierung zu resultieren. Hohe Dosen Fruchtzucker sind u.a. mit der Entstehung von Typ2Diabetes assoziiert. Tja.. Regel 3, Regel 6 und Regel 9.
Das pürierte Obst in der Flasche hat oft mehr Zucker und deutlich weniger Ballaststoffe als die ganzen Früchte. Sie ersetzten somit kein Obst adäquat.
Was wäre denn, wenn es anstatt der pürierten Früchte heute mal unpürriertes Obst gäbe, so ganz vintage, mit Schälen und Schneiden und hinsetzen dabei. Ob der Apfel, Ananas, Mango, Bananen Smoothie dann auch noch so ein ‚kleiner‘ Snack zwischendurch ist, zeigt sich schnell… Und außerdem: Solange ich noch kauen kann, kann ich doch wenigstens in jeden zweiten Apfel beißen anstatt ihn zu schlürfen?!
Quellen für die die nachlesen wollen:
https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/smoothies-obst-aus-der-flasche/
http://www.health.harvard.edu/blog/fresh-juice-drinks-healthy-seem-2016072910044
http://www.health.harvard.edu/heart-health/abundance-of-fructose-not-good-for-the-liver-heart
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26376619
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27900447
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